Überspringen

IFFA 2025: KI, Robotik und Sensortechnik heben die Branche auf ein neues Niveau

Die Fleisch- und Proteinverarbeitungsindustrie steht vor großen Herausforderungen. Preisdruck, Produktvielfalt und der anhaltende Fachkräftemangel erfordern effiziente Arbeitsprozesse, um im globalen Wettbewerb zu bestehen. Lösungsansätze bieten die zunehmende Automatisierung sowie innovative Technologien wie Künstliche Intelligenz und Robotik: sie können die Produktivität steigern und die Betriebskosten verringern. Die Weltleitmesse IFFA – Technology for Meat and Alternative Proteins – zeigt unter dem Motto „Maximale Performance“, was bereits möglich ist und demonstriert, welche Weichen die Industrie jetzt stellen muss.

Automatisierung ist in vielen Industriezweigen das Gebot der Stunde: Sie verbessert nicht nur die Performance von Maschinen und Anlagen, sondern hilft Produktionsausfälle zu vermeiden und Energie und Material zu sparen. In der Lebensmittelwirtschaft ist sie zum Beispiel bei Produktkontrolle und Rückverfolgung fast unumgänglich, um eine gleichbleibend gute Qualität zu gewährleisten und die hohen gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen. Darüber hinaus ist sie ein idealer Hebel, um Herausforderungen wie steigende Kosten oder dem Fachkräftemangel zu begegnen.

Eine prozessübergreifende Automatisierung in der Fleisch- und Proteinindustrie umfasst die Rohstoffaufbereitung mit Mischen und Zerkleinern über die Verarbeitung mit Portionieren, Füllen und Formen, die thermischen Prozesse wie Garen und Kühlen bis hin zur automatisierten Verpackung und intelligenten Logistik. Allerdings sind hier die verschiedenen Prozessabläufe und Produktionslinien häufig noch nicht miteinander vernetzt, wodurch der Datenaustausch unterbrochen wird und nicht für Optimierungen genutzt werden kann. Abhilfe ist aber möglich. Denn webbasierte Prozessleitsysteme wie MES („Manufacturing Execution System“) und ERP („Enterprise Resource Planning System“) bestehen oft aus modular aufgebauten Softwaresystemen und lassen sich auch in Bestandsanlagen nachrüsten. Die Vorteile einer vollständig vernetzten Smart Factory sind also nicht nur Neuanlagen vorbehalten.

Grundlage für viele automatisierte Prozesse ist die Erfassung und Analyse von Daten in Echtzeit. Moderne Sensoren liefern präzise Informationen über Temperatur, Feuchtigkeit, Gewicht und Druck. Ein Beispiel sind Temperatur- und Feuchtigkeitssensoren in Kühlhäusern, um einen Temperaturanstieg und damit das Risiko von Kontaminationen zu verhindern. Gewichtssensoren überprüfen das Gewicht jedes einzelnen Fleischprodukts und sorgen dafür, dass die Verpackung den Spezifikationen entspricht. Das reduziert nicht nur den Materialverbrauch, sondern minimiert auch den Ausschuss und die Rückläuferquote. Ein weiteres Beispiel sind Sensoren zur Überwachung der Gaszusammensetzung in Verpackungen. Sie stellen sicher, dass die gewünschten Bedingungen konstant eingehalten werden.

Künstliche Intelligenz beschleunigt und verbessert Prozessabläufe

Wie viele anderen Branchen, so verändert der Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) auch die Fleisch- und Proteinindustrie. Sie hebt die Branche auf ein neues Level, indem sie Maschinen befähigt, Daten aus verschiedenen Produktionsstufen nicht nur zu sammeln, sondern auch zu analysieren und daraus Handlungsmuster abzuleiten. Bei Störungen im Produktionsablauf kann sie Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge erkennen und auf diese Weise Probleme noch im laufenden Prozess beheben bzw. für die Zukunft vermeiden. Das führt nicht nur zu mehr Effizienz, sondern auch zu mehr Sicherheit für Konsumenten und Unternehmen.

Die industrielle Bilderkennung und -verarbeitung basiert ebenfalls auf KI-Modellen, die für den jeweiligen Anwendungsfall trainiert wurden. Eingesetzt wird sie zum Beispiel zur Sortierung von Fleischprodukten nach bestimmten Kriterien wie Größe, Form und Struktur. Das entlastet nicht nur die Mitarbeiter, sondern steigert auch die Genauigkeit. Wird sie zur Erkennung von Qualitätskriterien wie Maserung oder Fettanteil genutzt, kann sie den Verkaufswert einzelner Stücke deutlich steigern. Auch in der Qualitätssicherung kommen KI-gestützte Bildverarbeitungssysteme zum Einsatz. Anhand historischer Bilddaten werden sie darauf trainiert, die gesamte Produktion in Echtzeit zu inspizieren und Unregelmäßigkeiten wie Farbabweichungen, Fremdkörper oder fehlerhafte Verpackungen zu erkennen.

Ein weiteres Anwendungsgebiet ist die vorausschauende Wartung. KI-gestützte Systeme überwachen den Zustand von Maschinen und prognostizieren Ausfallzeiten. Mithilfe dieser Vorhersagen werden Wartungsarbeiten nur dann durchgeführt, wenn sie tatsächlich notwendig sind. Einer Studie von McKinsey zufolge kann Predictive Maintenance zu einer Reduktion der Ausfallzeiten um bis zu 50 Prozent und einer Erhöhung der Lebensdauer von Maschinen und Anlagen um bis zu 40 Prozent führen.1

Machine Learning hebt Robotik auf neue Entwicklungsstufe

Industrieroboter sind mittlerweile auch in der Lebensmittelindustrie Standard, zumindest in größeren Betrieben. Rund um die Uhr im Einsatz, können sie erhebliche Effizienz- und Produktivitätsgewinne erzielen. Dabei ist der Übergang zwischen konventionellen Spezialmaschinen und solchen mit integrierter Robotertechnik fließend. Industrieroboter werden vor allem eingesetzt, um wiederkehrende Aufgaben zu übernehmen, wie sie typischerweise in der Fleischverarbeitung anfallen, beispielsweise schneiden, portionieren, verpacken, umhüllen, sortieren, aufnehmen oder platzieren.

KI hebt auch die Robotik auf einen neuen Entwicklungsstand. Generative KI kann sich durch „Machine Learning“ selbstständig an neue Umgebungen und Situationen anpassen und ermöglicht Industrierobotern dadurch, autonomer und agiler zu agieren. Ein Beispiel sind autonome mobile Roboter (AMR). Ausgestattet mit Kameras und Sensoren, können sie ihre Umgebung selbstständig erfassen und analysieren. Sie suchen sich neue Wege, wenn Hindernisse die vorgesehene Route versperren und handeln selbständig in Situationen, die von der Norm abweichen. Das macht sie zu perfekten Helfern in unstrukturierten Fertigungsumgebungen sowie Lagern oder Logistikzentren, wo es um das Verpacken und Palettieren geht. Trotz der Vielfalt an Artikeln in solchen Verteilungszentren sind KI gestützte Industrieroboter in der Lage, die richtigen Waren auszuwählen, zu kommissionieren, fehlerhafte oder deformierte auszusondern und auch Packungsformate und Gewichte zu erkennen. Dabei erreichen sie Pickraten von 750 bis 1.400 Artikeln pro Stunde und können beispielsweise bis zu 200 Fleischprodukte pro Minute verpacken. Ein deutlicher Effizienzgewinn im Vergleich zu manuellen Prozessen. Auch in punkto Präzision sind Roboter ihren menschlichen Kollegen überlegen. So können sie Fleisch schneller und exakter in einem ganz bestimmten Schnittwinkel zuschneiden und auf das gewünschte Gewicht und die ideale Form portionieren, was den Produktionsdurchsatz erhöht und den Rohmaterialverlust minimiert. Einen enormen Zugewinn an Flexibilität versprechen multifunktionale Roboterarbeitszellen, die auch in der Fleischindustrie nach und nach die traditionelle Linienproduktion ablösen werden. Die Roboterzelle soll selbstständig mithilfe von KI in verschiedenen Arbeitsschritten Schweinehälften verarbeiten. Das geschieht in möglichst vielen Arbeitsgängen auf einmal anstelle von kleinen Arbeitsgängen hintereinander. Verschiedene Produktionen können parallel laufen, wodurch ein starker Produktmix ermöglicht wird, ohne die Einschränkungen einer Linienproduktion. Dabei bilden die Roboterzellen mit den AMRs autonome Netzwerke, die selbstständig auf unterschiedliche Anforderungen reagieren.

Industrieroboter können durch KI autonomer und agiler arbeiten. (Quelle: Messe Frankfurt)
Industrieroboter können durch KI autonomer und agiler arbeiten. (Quelle: Messe Frankfurt)

KI, Robotik und Sensortechnik steigern die Performance und beschleunigen den Wandel

Die Fleisch- und Proteinverarbeitungsindustrie steht vor einem radikalen Wandel, der durch den Einsatz neuer Technologien wie KI, Robotik und Sensortechnik vorangetrieben wird. Diese Technologien bieten nicht nur die Möglichkeit, Prozesse zu automatisieren und die Effizienz zu steigern, sondern auch die Produktqualität zu verbessern und die Nachhaltigkeit zu fördern. Unternehmen, die diese Technologien frühzeitig integrieren, sind bestens darauf vorbereitet, ihre Wettbewerbsfähigkeit auf dem globalen Markt zu sichern und den wachsenden Anforderungen gerecht zu werden.

1 Manufacturing-analytics-unleashes-productivity-and-profitability.pdf